Wie kann Lipodystrophie festgestellt werden?1,2
In Anbetracht der Seltenheit und unterschiedlicher Ausprägungen der Lipodystrophie bei Patienten kann es zu erschwerter oder später Diagnosestellung, in einigen Fällen sogar Jahre nach Auftreten erster Symptomen, kommen. Patienten leiden häufig unter schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen wie Stoffwechselproblemen, die die Lebensqualität enorm beeinträchtigen können. Lipodystrophie kann genetisch bedingt oder erworben sein. Als Grund hierfür kann eine fehlerhafte Entwicklung der Fettzellen oder eine vorzeitige Zerstörung von Fettgewebe durch das Immunsystem sein. Das Erscheinungsbild von Patienten kann je nach generalisiertem und partiellem Subtyp stark variieren.
Lipodystrophie: Wie erkenne ich, dass ich betroffen bin?
Generalisierte und partielle Lipodystrophien sind seltene Erkrankungen, mit denen die meisten Ärzte wenig oder keine ausreichende Erfahrung haben. Aus diesem Grund kann eine Diagnose nur nach Absprache mit verschiedenen Spezialisten gestellt werden. Hierbei spielt die Untersuchung des Blutes, der inneren Organe sowie die genetischen Tests eine wichtige Rolle. Einige Spezialisten, die bei der Diagnosestellung der Lipodystrophie helfen können, sind unten aufgeführt.
Genetiker
Genetiker befassen sich mit der Diagnose genetisch bestimmter, d.h. erblicher Erkrankungen. Viele Formen der Lipodystrophie können genetisch bestätigt werden. Gentests an Familienmitgliedern mit spezifischen Mutationen können potenzielle Fälle von Lipodystrophie aufdecken.
Endokrinologen/ Diabetologen
Lipodystrophie-Patienten weisen häufig einen insulinresistenten Diabetes auf. Endokrinologen befassen sich mit dem Hormonsystem des Körpers. Sie sind Spezialisten für Stoffwechselstörungen wie Diabetes. Es gibt auch Endokrinologen, die sich auf die Behandlung von Stoffwechselstörungen bei Kindern spezialisiert haben.
Kardiologen
Kardiologen beschäftigen sich mit dem Herz-Kreislauf-System und seinen Erkrankungen. Lipodystrophie kann mit Herzproblemen wie Kardiomyopathie (abnorme Vergrößerung des Herzens) einhergehen. Kardiologen sind an der Beurteilung und Behandlung von Herz-Kreislauf-Komplikationen beteiligt.
Lipidologen
Lipidologen sind Spezialisten für Fettstoffwechselstörungen. Sie kennen sich insbesondere mit Hypertriglyceridämie bestens aus. Patienten mit Lipodystrophie weisen hohe Triglyceridspiegel auf.
Nephrologen
Nephrologen beschäftigen sich mit Erkrankungen der Niere. Patienten mit Lipodystrophie können eine beeinträchtigte Nierenfunktion haben.
Pädiater
Kinderärzte sind für die Behandlung von Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen verantwortlich. Angesichts der Anzeichen einer Lipodystrophie im Kindesalter oder in der Pubertät werden Patienten mit Lipodystrophie häufig von einem auf Endokrinologie spezialisierten Kinderarzt betreut.
Hepatologen
Hepatologen beschäftigen sich mit Lebererkrankungen und überprüfen die Leberfunktion, die häufig aufgrund der Fettleber bei Lipodystrophie beeinträchtigt ist.
Wenn Sie den Verdacht haben, an einer generalisierten oder partiellen Lipodystrophie zu leiden, sollten Sie mit Ihrem Hausarzt oder Kinderarzt sprechen. Haben Sie keine Angst davor, ungewisse Anzeichen mit Ihrem Arzt abzuklären. Die folgenden Fragen könnten Ihnen dabei helfen:
Ungewöhnliche Fettverteilung?
Schwer behandelbarer Diabetes mellitus?
Fettleber?
und/ oder
und/ oder
und/ oder
und/ oder
und/ oder
Fehlen von Unterhautfettgewebe
Unersättlicher Hunger?
Hohe Triglyceride im Blut?
Wie wird Lipodystrophie klassifiziert?1-6
Lipodystrophie ist immer mit einem Mangel oder Verlust an Unterhautfett verbunden. Es gibt auch weitere sichtbare und unsichtbare Anzeichen der Krankheit wie Stoffwechselveränderungen, die auf eine Lipodystrophie hindeuten können. Die Krankheit wird in 4 Hauptgruppen eingeteilt. Die Aufteilung erfolgt zunächst nach betreffender Körperregion, entweder dem Fehlen von Fett im gesamten Körper (generalisiert) oder nur in bestimmten Körperteilen (partiell). Weiterhin wird nach angeborener (familiärer) oder erworbener Form unterteilt.
GL und PL sind sehr selten und treten nur bei einem von einer Million (GL) bzw. 3 von einer Million (PL) Menschen auf.3
Die familiären oder angeborenen Formen der Lipodystrophie haben eine Reihe genetischer Ursachen. Die Ursache der erworbenen Formen ist noch nicht vollständig verstanden. Es besteht ein möglicher Zusammenhang mit Immunreaktionen des Körpers auf das eigene Gewebe.
Generalisierte Lipodystrophie (GL)7-8
Meist sind alle Arten von GL (angeborene und erworbene Formen) durch den Verlust von Unterhautfett über den gesamten Körper gekennzeichnet. Patienten mit GL sind in der Regel sehr schlank und meist muskulös. Die erworbene Form der generalisierten Lipodystrophie ist bei Frauen häufiger (3:1) und tritt in der Regel vor der Pubertät auf.
Partielle Lipodystrophie (PL)9
Bei der PL, insbesondere der familiären Form, ist der Verlust von subkutanem Fett möglicherweise nicht so offensichtlich, da es in einigen Körperteilen zu einer erhöhten Fettansammlung und in anderen zu einem Verlust kommen kann. In den meisten Fällen ist die PL durch Fettverlust in Armen und Beinen und eine Ansammlung von subkutanem Fett wie im Rumpf, im Nacken und im Gesicht gekennzeichnet.
In der erworbenen Form von PL ist der Fettverlust allmählich und entwickelt sich vom Kopf nach unten in Richtung Unterbauch. Es kann jedoch zu Fettansammlungen im Gesäß-, Hüft- und Beinbereich kommen. Es entsteht das typische Erscheinungsbild von „Reiterhosen“.
Subtypen und Merkmale der Lipodystrophy1-9
Angeborene generalisierte Lipodystrophie (Berardinelli-Seip-Syndrom)
Fettmangel
Merkmale
Durchschnittliches Alter beim Auftreten:
0.3 Jahre
(Spanne 0.0-12.0 Jahre)
Geschlechtsverteilung
(männlich:weiblich): 1:1-2
Erworbene generalisierte Lipodystrophie (Lawrence Syndrom)
Fettmangel
Merkmale
Durchschnittliches Alter beim Auftreten:
5 Jahre
(Spanne 0.0-15.0 Jahre)
Geschlechtsverteilung
(männlich:weiblich): 1:3
Erworbene partielle Lipodystrophie (Barraquer-Simons Syndrom)
Fettmangel
Fettanreicherung
variabel
Merkmale
Durchschnittliches Alter beim Auftreten:
8.2 Jahre (Spanne 0.0-16.0 Jahre)
Geschlechtsverteilung
(männlich:weiblich): 1:4
Angeborene (familiäre) partielle Lipodystrophie (Dunnigan oder Köbberling Syndrom)
Fettmangel
Fettanreicherung
variabel
Merkmale
Durchschnittliches Alter beim Auftreten:
9.9 Jahre (Spanne 0.0-16.0 Jahre)
Geschlechtsverteilung
(männlich:weiblich): 1:1-2
Aufgrund seiner komplexen und oft wenig bekannten Merkmale kann Lipodystrophie als eine Krankheit mit vielen Gesichtern angesehen werden, die oft sehr spät diagnostiziert wird. Obwohl eine Lipodystrophie nicht geheilt werden kann, stehen einige Behandlungsmöglichkeiten für die Symptome der Erkrankung zur Verfügung.1,5
Referenzen:
1 Brown et al., The Diagnosis and Management of Lipodystrophy Syndromes: A Multi-Society Practice Guideline. J Clin Endocrinol Metab. 2016; 101: 4500 – 4511.
2 Handelsman Y, Oral EA, Bloomgarden ZT, et al. The clinical approach to the detection of lipodystrophy – An AACE Consensus Statement. Endocr Pract 2013;19:107–116.
3 Chiquette, E., et al. Estimating the prevalence of generalized and partial lipodystrophy: findings and challenges. Diabetes Metab Syndr Obes, 2017. 10: p.375-383.
4 Nolis T. Exploring the pathophysiology behind the more common genetic and acquired lipodystrophies. J Hum Genet 2014;5:16-23.
5 Gupta N, Asi N, Farah W, et al. Clinical features and management of non-HIV related lipodystrophy in children: a systematic review. J Clin Endocrinol Metab. 2017;102:363-374.
6 Handelsman Y, Oral EA, Bloomgarden ZT, et al. The clinical approach to the detection of lipodystrophy – An AACE Consensus Statement. Endocr Pract 2013;19:107–116.
7 Agarwal AK, Simha V, Oral EA, et al. Phenotypic and genetic heterogeneity in congenital generalized lipodystrophy. J Clin Endocrinol Metab 2003;88:4840-47.
8 Misra A, Garg A. Clinical features and metabolic derangements in acquired generalized lipodystrophy: case reports and review of the literature. Medicine (Baltimore) 2003;82:129-46.
9 Garg A. Gender differences in the prevalence of metabolic complications in familial partial lipodystrophy (Dunnigan variety). J Clin Endocrinol Metab 2000;85:1776-82.